Dass warmes Wasser unter bestimmten Umständen schneller gefriert als kaltes, ist seit den alten Griechen bekannt. So schrieb schon Aristoteles: „Wenn man Wasser zuerst erhitzt, trägt dies zur Geschwindigkeit bei, mit der das Wasser gefriert, denn es kühlt dann schneller ab.“ In dem Video unten wird gezeigt, wie dies aussehen kann. Dort wird kochendes Wasser bei Temperaturen deutlich unter Null in die Luft geworfen und man kann erkennen, wie es schlagartig gefriert. Dazu macht es auch noch interessante Geräusche.
Neben Aristoteles haben noch andere Gelehrte diese Beobachtung gemacht, bis das Phänomen im 20. Jahrhundert – zumindest in der wissenschaftlichen Gemeinde – in Vergessenheit geriet. Nicht so im Volke: Zahlreiche Alltagsweisheiten zeugen davon, dass das seltsame Verhalten von heißem Wasser bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt durchaus bekannt ist. So soll man zum Autowaschen bei Frost zum Beispiel kein warmes Wasser benutzen. Auch die Lebensmittelindustrie wusste wohl schon immer um diesen Effekt.
Offiziell wiederentdeckt wurde der Effekt 1963 in Tansania von dem Schüler Erasto Mpemba. In der Schule machten die Jugendlichen Speiseeis. Dazu wurde Milch erhitzt. Obwohl Mpemba warten sollte, bis diese abgekühlt war, stellte er sie sofort in die Kühltruhe. Dort standen bereits identische Gefäße mit Milch, die bereits deutlich kälter waren. Zu seinem Erstaunen stellte Mpemba fest, dass seine Milch dennoch zuerst gefror. Sowohl Lehrer als auch Mitschüler machten sich über Mpemba lustig, als er ihnen von seiner Entdeckung erzählte.
Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – wiederholte er den Versuch mit Wasser und Milch und erhielt immer wieder dasselbe Ergebnis. Erst Professor Denis Osborne der nahen Universität schenkte der Entdeckung bei einem Schulbesuch Beachtung. Zurück an der Universität trug er einem Mitarbeiter auf, Wasser unterschiedlicher Temperatur in die Gefriertruhe zu stellen. Auch hier gefror die wärmere Flüssigkeit zuerst. Treuherzig soll einer der Mitarbeiter dem Professor gesagt haben, dass er den Versuch nochmals wiederholen würde, um so auf das richtige Ergebnis zu kommen.
Der Mpemba-Effekt funktioniert übrigens nur, wenn man zwei Behälter, die vollkommen identisch sind, mit derselben Menge einer Flüssigkeit füllt. Am besten lässt sich das Experiment mit deutlichen Temperaturunterschieden bei den Vergleichsflüssigkeiten durchführen, wenn also die eine ca. 100 Grad heiß ist und die andere nur Raumtemperatur hat.
Der Mpemba-Effekt ist bis heute noch nicht schlüssig erklärt. Es gilt jedoch als anerkannt, dass Verdunstung ein Grund für das Verhalten der heißeren Flüssigkeit ist. Wenn sie verdunstet, bleibt weniger Masse übrig, die gefrieren muss. Außerdem wird der Flüssigkeit durch die Verdunstung zusätzlich Energie entzogen. Experimente legen jedoch nahe, dass dies nicht die einzige Ursache für den Effekt sein kann. Ein weiterer Grund ist wohl Konvektion: In der warmen Flüssigkeit herrscht Bewegung. Das begünstigt nicht nur den Abtransport von Wärme, sondern auch die Bildung von Eiskristallen.
Quelle:
Cool? E.B. Mpemba and D.G. Osborne, 1969 Phys. Educ. 4 172